Digitale Strategiefindung für Banken

Im laufenden Jahr scheint auch die letzte Bank begonnen zu haben, sich Gedanken über die Digitalisierung zu machen. Die daraus abgeleiteten Programme und Massnahmen sind nach meinem Empfinden oft nicht wirklich strategisch überlegt, sondern eher von einer Hektik und Angst getrieben, man könnte ja nun wirklich die Zukunft verpassen.

Aber führen wir uns die strategischen Möglichkeiten einer kleinen bis mittleren Bank im digitalen Zeitalter vor Augen.

Da gibt es zwei Extreme, zwischen welchen sich künftig die Produkte und Services abspielen werden:

Das eine ist das voll durchautomatisierte Geschäft und zwar vom Kunden bis ganz hinten in der Wertschöpfungskette. Bei diesen Geschäften werden die Margen drastisch einbrechen und die globale Skalierung ist der einzige Weg, hier künftig erfolgreich zu sein. Entsprechend ist es auch gut möglich, dass dies nicht mehr unbedingt nur ein Geschäft der Banken sein wird, sondern vielleicht eben auch von globalen IT Konzernen, Logistikdienstleistern etc. Selbstredend wird die kleine bis mittlere Bank hier nicht mithalten können. Auch die wie Pilze aus dem Boden schiessenden FinTechs werden hier künftig oft nicht mitspielen können. Um ehrlich zu sein, sehe ich diese eher als „Labormäuse“, welche für die Grossen verschiedene Geschäftsideen entwickeln und ausprobieren.

Das andere Extrem sind Geschäfte, die sich auch auf absehbare Zeit nicht automatisieren lassen, weil sie menschliche Intuition, Intelligenz, Verhandlungsgeschick, aber auch Beziehungen, Charme und vielleicht auch Bauernschläue benötigen. Dass all diese Fähigkeiten in verschiedensten Bankgeschäften ebenfalls benötigt werden, dürfte auch ausser Frage stehen. Hierzu fallen mir Leistungen wie M&A, Entwicklung neuer und innovativer Anlageprodukte, vollumfängliche Beratung, Unternehmens-finanzierungen und -sanierungen oder auch gehobenes Investment Research ein.

Somit empfehle ich in einem ersten Schritt die essentiellen Bestandteile des Produkte- und Service-Portfolios zwischen diesen zwei Extremen auszulegen.

Die Produkte, die sich näher am voll durchautomatisierten Geschäft befinden, werden wie erläutert früher oder später wegbrechen. Dies kann schleichend, aber auch durchaus im Nokia Stil sehr schnell passieren. Hier ist es wohl auch heute nicht sinnvoll, grosse Beträge zu investieren. Besser wäre wohl sich externe Alternativen resp. Partner zu suchen, um diese Produkte künftig noch im Portfolio zu haben, aber ohne eigene Abwicklung resp. tiefe eigene Wertschöpfung. Hier versuchen mitzuhalten, oder gar besser als die Konkurrenz zu sein, erachte ich als Ressourcenverschwendung.

Die Produkte, welche sich eher am anderen Ende befinden, gilt es weiter auszubauen und hier würde ich sehr wohl in intelligente technologische Unterstützung für Kunden wie auch Mitarbeiter investieren. Dies können folglich aber nur Unterstützungswerkzeuge sein, da sonst der ganze Prozess voll automatisierbar wäre und somit wieder in Kategorie eins fallen würde. Dass diese Werkzeuge zu entwickeln kluge Köpfe benötigt, liegt in der Natur der Sache. Hier ist ein reiner „me too“ Ansatz fehl am Platz. Hier sind Lösungen gefragt, die besser sind als die der Konkurrenz.

Falls sich nun das ganze Produkte- und Service- Portfolio eher auf der Automatisierungsseite befindet, wäre es sich schon zu überlegen, ob eine Exit Strategie nicht eine ernstzunehmende Variante wäre.

Das aktuell sehr beliebte hybride Modell, wo man versucht, einen „sowohl als auch“ Ansatz für tendenziell automatisierbare Geschäfte zu finden, ist aus meiner Sicht eine Ausrede, um sich dem oben skizzierten Vorgehen nicht stellen zu müssen. Das wird  mittelfristig kein gangbarer Weg sein.

Digitale Strategien verlangen aus meiner Sicht eben auch Digitale Entscheidungen.

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